Holland in den Jahren 1831 und 1832 by Wienbarg Ludolf

Holland in den Jahren 1831 und 1832 by Wienbarg Ludolf

Autor:Wienbarg, Ludolf
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-02T16:00:00+00:00


post Christum natum

man weiß nicht mehr das datum. Man weiß auch nicht das Jahr, in dem er gestorben; eben so wenig das Jahr, in dem er geboren, eben so wenig wie irgend ein Jahr aus dessen Leben, in dem er Dies oder Jenes gethan oder erlitten, die Erfindung vervollkommt, ein Buch gedruckt, ein Kind bekommen, Gevatter gestanden, Küster oder Rathsherr geworden, einen Proceß geführt3 und dergleichen mehr.

Wohl verstanden, man weiß es nicht; allein dessenungeachtet fehlt es den Kosterianern nicht an Jahreszahlen zur geschichtlichen Ausstaffirung ihres Mährchens; im Gegentheil, sie haben durchgängig mehr Zahlen, als sie brauchen, übercomplete Jahrszahlen, die man sonst auch wohl widersprechende nennt, und in der historischen Kritik als verdächtig betrachtet. Im vorigen Jahrhundert feierte z.B. die Stadt Harlem Kosters drittes Jubiläum im Jahr 1740, in diesem Jahrhundert 1823. Im vorigen Jahrhundert hatte Koster demnach die Buchdruckerkunst im Jahr 1440 erfunden, in diesem erfindet er dieselbe bereits 1423. Warum gerade 23, das soll ich schweigen; auf der alten Tafel über Kosters Hausthüre las man 1429, früher 1440; denn Scriverius überredete den Harlemmer Senat zur Annahme der ersteren Jahreszahl, weil Rabbi Hackohen, wie schon gesagt, ein gedrucktes Buch von 1429 zu Venedig gesehen. Die Väter der Stadt waren schlimm genug daran, sie wußten von nichts, und sollten dennoch auctoritate Senatus Harlemensis das wahre Jahr der Erfindung sanctioniren. Die Buchdrucker von Harlem, die Koster ein Standbild aus ihrer Tasche errichteten, setzten das Jahr 1430 darunter, das Harlemmer Collegium medicum bescheidete sich dagegen, geheimnißvoll den Finger auf den Mund zu legen, sie setzten dem Erfinder ebenfalls ein Monument, schrieben aber keine Zahl darauf4.

So sieht es aus mit den Jahrszahlen, deren sich die Kosterianer bedienen, um ihr Mährchen auf dem Boden der Geschichte festzunieten. Aehnliche und noch ärgere Varianten liefern die Nachrichten über die Person des Erfinders selbst. Zunächst kommt es einem sehr ergötzlich vor, wie mit dem wachsenden Mährchen auch diese Person an Ehren und Aemtern wächst und zunimmt. In der ursprünglichen Sage und bei Junius ist er nur ein Küster, allein schon Seiz nimmt den Küster in den Senat auf, und Meermann gibt zu verstehen, daß er wohl gar Bürgermeister gewesen; das nicht genug, er leitet dessen Geschlecht von den Brederode's ab, indem er den Vater oder Großvater zum Bastard macht. Küster bleibt er dessenungeachtet, ja er heißt nur deswegen Koster, weil das Küsteramt in seiner Familie erblich war. Ob es aber in Holland und jedem andern christlichen Lande ein erhörter Fall, daß ein Rathsherr oder Bürgermeister zugleich das geistliche Küsteramt bekleidet, darüber geben diese Herren keine weitere Auskunft. Sie begnügen sich damit, zu sagen, das Küsteramt zu Harlem sei ehemals sehr ehrenvoll gewesen und gar nicht zu verwechseln mit dem Küsteramt von heute. Allein damit wird der Stein des Anstoßes nicht aus dem Wege gehoben, und ich muß es den Gelehrten, die von der Gemeindeverfassung des Mittelalters genauere Kenntnisse haben als ich, überlassen, ob sich ähnliche Beispiele vorfinden. Aus Harlemmer Kirchen- und Stadtbüchern ist von der Person eines Küsters oder Rathsherrn, oder gar Küsters und Rathsherrn, der Koster hieß, keine Nachweisung erfolgt.



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